Der Vorsitzende Oliver Zander entschuldigte sich erst einmal dafür, dass es eigentlich ein Sommerempfang sei, bei mehr als 30 Grad im evangelischen Gemeindehaus in Leonberg-Eltingen. Und viele nutzten die Gelegenheit, zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren wieder ganz persönlich an einem solchen Empfang teilzunehmen, sich mit Anderen auszutauschen, egal ob von der CDU oder Mitglieder von anderen Parteien oder „nur“ ganz normalen Bürgerinnen und Bürgern. Nach der kurzen Begrüßung wurde es aber richtig heiß, denn es gab erst einmal Kultur, und zwar vom Feinsten: die Sopranistin Inger Torill Narvesen, begleitet von der Pianistin Maria Kiosseva, sang als erstes „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ von Franz Lehar.
Danach musste niemand mehr aufgewärmt werden, denn genauso heiß wie Inger Torill Narvesen das Stück aus der Operette „Giuditta“ präsentierte, nahm Oliver Zander dann auch die Stadtpolitik ins Visier. Im Beisein aller drei Bürgermeister, OB Cohn begleitet von Josefa Schmid und Klaus Brenner und natürlich unter den interessierten Blicken der Ministerin, fokussierte er auf das Thema Wohnungsbau in Leonberg.
Klare Worte fand er zum unnötigen Hin und Her bei der Investorenauswahl beim Projekt Berliner Straße: Erst versuchte die Stadt einen Investor ohne eine entsprechende Investorenausschreibung durchzusetzen, aber der Gemeinderat konnte das verhindern und das gewünschte Auswahlverfahren durchsetzen; leider nur mit einem spürbaren Zeitverlust, den die Stadt hätte verhindern können, wenn sie gleich mit dem Gemeinderat an einem Strang gezogen hätte.
Auch beim Thema bezahlbarer Wohnraum sieht es nicht so erfreulich aus: beim bald fertiggestellten Bauprojekt Pandion gibt es immer noch nicht den vereinbarten Anteil an bezahlbarem Wohnraum, sondern vielmehr den Versuch, sich daraus frei zu kaufen. Dass etliche Stellen in der Stadt, auch im Bereich rund ums Bauen aktuell nicht besetzt sind, führt natürlich auch zu Verzögerungen, die bei der angespannten Lage am Wohnungsmarkt besonders stark spürbar sind.
Aber auch beim Thema Mobilität war eine gewisse Hitze bei Oliver Zander zu verspüren: dem halbjährigen Experiment, Fahrspuren in der Stadt den Autos vorzuenthalten und sie für den Fahrradverkehr und den ÖPNV zu reservieren, bringt er eine gehörige Portion Skepsis entgegen. Bei gleichbleibendem Verkehrsaufkommen ist der Stau praktisch unausweichlich, in Zusammenhang mit den geplanten Pförtnerampeln vor der Stadt werde fast schon systematisch daran gearbeitet, Besucher aus der Stadt herauszuhalten. Es werde sehr spannend sein, zu sehen, wie sich die Lage des Einzelhandels und der Gastronomen, aber auch die Stausituation in der Stadt bis zum Ende des Experiments entwickeln werden.
Staatssekretärin Sabine Kurtz MdL freute sich sehr, wieder mal in Leonberg, Ihrem eigenen Stadtverband, zu Gast zu sein und nicht nur die Ministerin, mit der sie gemeinsam 2006 erstmalig in den Landtag einziehen durfte, sondern auch Ihren Abgeordnetenkollegen und Kreisvorsitzenden Dr. Matthias Miller MdL begrüßen zu können, verbunden mit einer Gratulation zum frisch erworbenen Doktortitel. Bei ihrer kurzen Ansprache stand insbesondere auch die Nähe der beiden Ministerien im Mittelpunkt: Gerade wenn es um das Thema Wohnen und Entwicklung geht, steht natürlich auch der ländliche Raum stark im Fokus. Nach ihrem kurzen Grußwort wurde es dann wieder musikalisch: „Somewhere over the Rainbow“ passte fast ein wenig zu dem leichten Regen, der zwischendurch niederprasselte, insgesamt aber nur wenig Abkühlung bringen konnte.
Denn nun kam der Höhepunkt des Abends, die Ansprache der Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi. Zunächst machte sie deutlich, dass wir aufgrund der Aggression durch Putin tatsächlich in einer Zäsur stehen, deren Auswirkungen wir vielleicht noch nicht voll erfassen können, aber sicher schon erahnen, dass wir den gewohnten Komfort nicht einfach so weiter erwarten dürfen. Wir werden uns von vielen liebgewonnenen Annehmlichkeiten verabschieden müssen, das sollte uns klar sein.
Deutlich machte sie das am Thema Wohnen: ausgehend von dem, was Oliver Zander schon angesprochen hatte, wies sie auf die große Bedeutung, die bezahlbarer Wohnraum auch für den Wirtschaftsstandort hat, hin. Wenn Betriebe die dringend benötigten Fachkräfte nicht bekommen können, weil diese keine Wohnung finden, die sich mit ihrem Einkommen vereinbaren lässt, dann leidet auch die Wirtschaft eher früher als später.
Verstärkt wird das Problem zusätzlich dadurch, dass die Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine zu uns flüchten, auch Wohnraum brauchen, und zwar bezahlbaren; das wiederum erhöht den Wettbewerb um den Wohnraum, bringt neue Konkurrenz für die Alleinerziehenden, die Krankenschwester und den Pfleger, die Polizistin oder den Feuerwehrmann, die alle gerne in der Nähe ihrer Arbeitsstelle wohnen möchten. Vor diesem Hintergrund richtet sie auch einen deutlichen Appell an uns alle: „Jede Wohnung zählt“, jeder, der eine Wohnung besitzt, die nicht vermietet ist, sollte diese unbedingt möglichst schnell anbieten, da die Situation insgesamt sonst noch deutlich schwieriger zu werden droht. Wenn sich bei der Planung von Gewerbeansiedlungen die Widerstände immer deutlicher zeigen und oft auch nur aus der eigenen Perspektive gesehen werden („ich will meine Ruhe, für mich reicht es auch so noch aus“), dann muss man sich nicht wundern, wenn das Nord-Süd-Gefälle so langsam anfängt sich umzukehren; da muss man nur an Tesla oder Intel denken, die sich mit ihren großen Projekten nicht im Süden angesiedelt haben.
Und das ist wiederum ein wichtiges Thema, wenn es um den zweiten Schwerpunkt ihres Ministeriums geht, die Landesentwicklung. Der aktuelle Plan ist bereits 20 Jahre alt, es ist also höchste Zeit für eine Überarbeitung. So gab es beispielsweise noch gar keine Smartphones als die Arbeiten zu diesem Plan begannen. Heute sehen wir nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie, dass die Digitalisierung sogar beeinflussen kann, wo wir wohnen. Dass ein Home-Office auf dem Land oder der Weg zum nächsten New Work Office nun relevant sind und dass das Pendeln vom Land in die große Stadt vielleicht gar nicht mehr so zwingend sein wird. Hier gibt es tatsächlich viel Neues aufzunehmen und in einen Plan zu gießen, der dann auch für die nächsten 20 Jahre eine gute Basis für die Arbeit darstellt. Das Schlusswort schließlich übernahm Darko Cutcovic von der Jungen Union: in seiner erfrischenden Art machte er überzeugend deutlich dass beispielsweise beim Thema Digitalisierung noch ein weiter Weg vor uns liegt, sei es beim Glasfaserausbau oder auch bei der Digitalisierung der Verwaltung; Corona hat gezeigt, dass ein Studium von Zuhause aus nicht für jeden machbar ist, aber auch die Nachteile, die der Rückstand letztlich allen Bürgern bringt, können nicht von Dauer sein, hier muss unbedingt dran gearbeitet werden.
Gemeinsam mit Dr. Andreas Wierse, dem Kreisvorsitzenden der MIT, überreichten er und Oliver Zander die Blumen für die beiden Musikerinnen, die Staatssekretärin und die Ministerin. Für sie gab es dann noch ein kleines Präsent, das ihr als staatlich geprüfter Skilehrerin und Fan von Felix Neureuther besonders viel Freude machen dürfte: das neue Buch „Für die Helden von morgen“. Abschließend konnten die Gäste der CDU dann noch einmal etwas von Giacomo Puccini genießen: „O mio babbino caro“.
Die vielfältigen Impulse der Rederinnen sorgten dann für genügend Gesprächsstoff, bei angenehmen Temperaturen im Freien, bei Getränken und einem kleinen Imbiss ging es bis weit nach 22 Uhr noch angeregt hin und her, die Hitze hatte sich dann doch zu einer sehr angenehmen Wärme weiterentwickelt. Andreas Wierse
Den Bericht der Leonberger Kreiszeitung über den Neujahrsempfang finden Sie angehängt mit freundlicher Genehmigung der Leonberger Kreiszeitung