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Abends muss nicht jeder maximales Glück empfinden

Leonberg. Der baden-württembergische Minister Guido Wolf (CDU) spricht über Europa, die Justiz und die Koalition. Von Arnold Einholz

Mit einer zahlreichen, interessierten und auch diskussionsfreudigen Zuhörerschaft können Gäste rechnen, wenn sie vor der Senioren-Union Leonberg sprechen. Davon konnte sich jetzt auch der baden-württembergische Minister für Justiz und Europafragen, Guido Wolf (CDU), überzeugen.

Natürlich wollten die Partei-Senioren wissen, wie es im Land in der großen Koalition vorangeht. „Die CDU-Minister besetzen ihre Themen, sie kommen in der Politik vor und sie werden öffentlich wahrgenommen“, sagte Wolf. Er gehöre zwar nicht zu denen, sie sich die Koalition gewünscht hätten. „Man kann die eigenen Positionen aber auch vertreten, ohne das alles gleich ins Wanken kommt, denn in einer Koalition muss man nicht jeden Abend maximales Glück empfinden“, sagte der Minister. 

Äußerst positiv sei, dass nach der Unruhe und den Fehlern, die schon vor der Koalition in der Bildungspolitik gemacht worden seien, man nun anstatt der ideologischen Debatten wieder auf die Qualität setze. „Es ist zu vieles schief gelaufen in den Schulen, das hat uns im Bundesvergleich stark nach hinten geworfen“, sagte Wolf. Es gehe darum, Kernkompetenzen zu vermitteln, sich am Talent des Einzelnen zu orientieren und entsprechenden Angebote zu schaffen. „Die Qualität ist entscheidend und nicht, welches Schild draußen an der Schule hängt“, sagte der Minister. Zustimmung von der Zuhörerschaft gab es auch dafür, dass die CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann die berufliche Ausbildung und die Realschulen stärken will.

Auch den anderen Parteifreunden, Innenminister Thomas Strobl, Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und Landwirtschaftsminister Peter Hauk bescheinigte Wolf gute Arbeit, bevor er auf sein eigenes Aufgabenfeld zu sprechen kam. Da war gleich das Thema Türkei akut. „Die EU ist eine Rechtsgemeinschaft, wer ihren Werten und ihrer Rechtsordnung widerspricht, kommt nicht rein“, meinte Wolf. Provokationen und sich als Nazi beschimpfen zu lassen, brauche man nicht. 

„Wenn einem Präsidenten die Einführung der Todesstrafe das Wichtigste ist, dann müssen jegliche Verhandlungen abgebrochen werden“, sagte der Europaminister und lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihren klaren Standpunkt, kein Referendum über die Todesstrafe in türkischen Vertretungen in Deutschland zuzulassen. „So nicht – erst muss geklärt werden, für welche Werte die Türkei steht.“

Die Zuhörer schoben hier das Thema doppelte Staatsbürgerschaft ein. Er sei äußerst verärgert, dass hierzulande prozentual mehr Ja-Stimmen beim Verfassungsreferendum als in der Türkei gegeben wurden. „Sie genießen unser freiheitliches System und geben Erdogan ihre Stimme – das geht nicht!“, meinte Wolf. Da laufe etwas schief in der Integration. „Da muss wohl doppelte Staatsbürgerschaft kritisch hinterfragt, geändert und korrigiert werden.“

Die EU könne um vieles besser werden, wenn sie sich weniger mit den Details des Alltags und mehr mit den großen Problemen beschäftige. Europa koste nicht nur Geld, sondern Deutschland profitiere auch stark. Doch bei den Zuschüssen sollte berücksichtigt werden, wer sich kooperativ bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems gezeigt hat und wer nicht.

Gerade sei das Thema Familien-Nachzug bei Flüchtlingen aktuell. „Wer integrieren will, darf sich nicht selbst überfordern, deshalb muss man dem Integrationsprozess Zeit geben“, sagte Wolf. Wer komme, von dem werde erwartet, dass er sich an Recht und Werte halte. Es gelte zu vermitteln, dass Gleichheit zwischen Mann und Frau, das Gewaltmonopol des Staates und Meinungsfreiheit keine Fremdwörter sind. 

Als Justizminister sei es ihm ein großes Anliegen, dass DNA-Spuren für mehr als nur ein Abgleichen herangezogen werden. Heute lassen sich Alter, Augen-, Haar und Hautfarbe eingrenzen. „Es geht nicht um Diskriminierung, sondern darum, dem Täter schneller auf die Spur zu kommen“, sagte Guido Wolf. Doch im Bundesrat werde sein wiederholter Antrag konsequent von der SPD blockiert, monierte der Minister. 

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Leonberger Kreiszeitung, in der dieser Text am 18.Mai 2017 erschienen ist.

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